D 2013, 115 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Vedat Erincin, Burak Yigit, Thorsten Merten, Klaus Manchen

Regie: Michael Baumann

Kinostart: 05.06.14

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Willkommen bei Habib

Männerkrisen und diese zehrende Sehnsucht

Stuttgart, Wilhelmsplatz. Hier steht vom Verkehr umtost der Imbiß von Habib. Tag für Tag verkauft er Döner und Maultaschen. Das Leben geht seinen alltäglichen Gang, bis eines Tages unerwartet ein Freund aus seinem alten Dorf in der Türkei auftaucht, in das Habib nie zurückgekehrt ist. Der kleine, stille Mann hat sich angepaßt an seine schwäbische Wahlheimat, sein Sohn Neco verachtet ihn dafür. Für den jungen Tagedieb ist die Türkei der ersehnte Gegenpol zum deutschen Spießbürgerleben. In Necos hochfliegenden Träumen ist jedoch kein Platz für seine ehrgeizige Frau und den kleinen Sohn.

Und dann gibt es noch den kaltschnäuzigen Geschäftsmann Bruno, der hoch oben im Glastower residiert und nie „einen Döner fressen würde“ – bis er von den lieben Kollegen aus seiner Welt der Deals, Meetings und Businesstrips geschmissen wird. Den alten Ingo dagegen treibt eine Jahrzehnte alte Schuld zur Flucht aus dem Krankenhaus.

WILLKOMMEN BEI HABIB erzählt amüsant und leichtfüßig von vier Männern am Scheideweg, deren Wege sich kreuzen und deren Leben plötzlich nicht mehr in den gewohnten Bahnen verläuft. Die Frauen bleiben dabei im Hintergrund, sie sind Traumobjekt, Trösterin und Scherbenaufleserin. Bis sie irgendwann genug haben und ihre eigenen Wege gehen. Wohin soll man(n) den Blick nun richten? Was bleibt von den Träumen der Jugend? Was ist vielleicht gerade noch so zu retten?

Regisseur Michael Baumann gelingt eine gut austarierte Tragikomödie mit einigen schönen, intensiven Szenen. Etwa, wenn Bruno auf eine riesige Straßenlaterne klettert und von dort oben auf das nächtliche Stuttgart blickt. Überhaupt wird in dem Film gern von oben auf die Stadt geguckt. Es sind die Momente, wenn die Protagonisten zur Ruhe kommen, Abstand gewinnen und wieder zueinander finden.

An Pathos wird dabei nicht gespart – so blättert am Ende die nüchterne Backsteintapete in Habibs Imbiß, und darunter kommt eine Kitschtapete mit türkischen Sehnsuchtsmotiven zum Vorschein. Doch diese Überdeutlichkeit paßt zum Film. Es ist wie in den türkischen Schlagern des mitreißenden Soundtracks: Sie tragen dick auf, wenn sie Freude und Leid des Lebens besingen. In ihnen liegt eine Wahrheit, die eher an das sehnende Herz als an den nüchternen Verstand rührt.

[ Dörthe Gromes ]