Noch keine Bewertung

Wintertochter

Berührende Familienzusammenführung

Es scheint eine bestimmte Einführungsmusik, kombiniert mit dynamischer Schnittfolge, für den deutschen Familienfilm zu geben, die vor allem eines will: Action ankündigen. In diesem Fall völlig deplaziert, denn Johannes Schmids Film ist – zum Glück – ganz leise erzählt. Und im Gegenteil fällt er eher dann aus seinem Rahmen, wenn er versucht, mehr und mehr Handlung unterzubringen und doch noch alle Stränge zu Ende zu führen, die die 12jährige Kattaka am Anfang in Bewegung gebracht hat. Oder besser: ein Anruf am Weihnachtsabend.

Alexej ist am Telefon, anrufend von einem Hochseefrachter. Vor ziemlich genau 13 Jahren war er die Liebe von Kattakas Mutter. Ein Russe, stationiert in der DDR, der ging, als die Armee abzog. Zurück blieb eine Frau mit einer Tochter und zudem die Frage, warum sie weder ihr noch dem Vater je davon erzählt hat. Kattaka wuchs bis zu jenem Heiligen Abend im Glauben auf, daß Daniel, der Mann, mit dem ihre Mutter noch ein zweites Kind erwartet, auch ihr Vater sei. Die Wahrheit treibt sie in die Kälte des Winters, und Lene Graumann, die etwas wunderliche Nachbarin, findet sich bereit, mit ihrem alten B1000 nach Polen aufzubrechen, wo Alexej vor Anker liegt.

Ein Roadmovie beginnt, gefilmt in winterharten, kontrastreichen graublauen Bildern, die eine spartanische, ja kärgliche Stimmung verbreiten, die vor allem die Innenwelt von Lene Graumann abbildet, wie wir mit jedem zurückgelegten Kilometer erfahren. Denn auch sie geht auf die Spurensuche nach ihrer Familiengeschichte, die sie lange verdrängt hatte. So ist Schmids Film vor allem für Kinder eine gute Möglichkeit, der deutschen Nachkriegsgeschichte „Bilder“ zu geben, die berühren, ohne zu kategorisieren und zudem persönliche Schicksale auf deutscher und polnischer Seite nebeneinander bestehen lassen. Vor allem der Charakter der Lene Graumann, wunderbar gespielt von Ursula Werner, ist es, der einen emotional packt. Und die Kinder – als Kattaka Nina Monka, als Nachbarsjunge Leon Seidel und als Kattakas zarte polnische Liebe Waldek Dominik Nowak – sind erfrischende Persönlichkeiten, die in ihrem Spiel beeindrucken.

Ballt sich dann auch am Ende das Vater-Tochter-Treffen dramaturgisch brav auf ein Happy End zusammen, so bleiben doch einige Fragen zurück, die man von Generation zu Generation auf dem Nachhauseweg vom Kino stellen kann.

D/Polen 2011, 90 min
FSK 0
Verleih: Zorro

Genre: Drama, Roadmovie

Darsteller: Ursula Werner, Nina Monka, Leon Seidel, Katharina Marie Schubert, Maxim Mehmet, Daniel Olbrychski, Merab Ninidze

Regie: Johannes Schmid

Kinostart: 20.10.11

[ Susanne Schulz ]