Regisseur Wolfgang Ettlich hat die Schützes die letzten zehn Jahre begleitet und ihren Kampf gegen die Tücken der Marktwirtschaft gefilmt.
Familienvater Jürgen war bis zur Wende Leiter eines HO-Gemüseladens in Zschopau. Nach dem Mauerfall können seine Frau Karin und er es kaum erwarten, einen eigenen Laden zu betreiben. Vom Besuch eines Großmarktes im Westen bis zur Geschäftsgründung ist es nur ein kleiner Schritt und Jürgen kann das Schild "Frucht Schütze" an den eigenen Verkaufsstand hämmern. Erste Erfolge stellen sich ein, und die Schützes spüren bei den Leuten im Ort eine Mischung aus Respekt und Mißgunst. Allerdings floriert der Gemüsehandel nicht auf Dauer, und auch die westdeutschen Geschäftspartner wollen nicht darben. So stimmt irgendwann das Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben nicht mehr. Doch die Kredite müssen getilgt werden. Als nächstes eröffnen die Schützes ein Molkerei-Geschäft, kaufen dafür ein runtergekommenes Mietshaus, benötigen neue Kredite und finden in Mercedes Benz einen finanzstarken Mieter für einen Großteil der Räume. Dann geht alles ziemlich schnell: Mercedes zieht aus, die Mieteinnahmen entfallen, Joghurt verkauft sich schwerfällig und Karin stürzt vom Dach. An dem Punkt, wo sich andere aufhängen, geht für Jürgen der Kampf erst richtig los. Mit der Devise "Wir machen weiter" bemüht er sich nach Geschäftsaufgabe um jede erdenkliche Arbeit, gründet ein Transportunternehmen und verkauft Tiernahrung auf Wochenmärkten.
Ettlich bringt den Schützes unbeschreiblich viel Sympathie und Respekt entgegen, was sich auf den Zuschauer unweigerlich überträgt. Das Ergebnis ist eine der besten, realistischsten und damit berührendsten Nachwende-Dokumentationen. Aus der heutigen Sicht möchte man sich die Haare raufen, als die Schützes den Gedanken aussprechen, ein Molkerei-Fachgeschäft zu eröffnen. Eine gehörige Portion Tragikomik begleitet den Einkauf der Schützes auf einem westdeutschen Gemüse-Großmarkt. Kartoffeln, Äpfel und Kohl sind schnell auszumachen, aber der Rest...? Wer kann sich nicht mit dem Gefühl, einer Mischung aus peinlicher Neugier, schockierender Unbedarftheit und schließlich ungebremsten Enthusiasmus beim ersten Westbesuch identifizieren ? Diesen wunderbaren Film sollte man sich gerade jetzt ansehen.
D 1989-1999, 108 min
Verleih: Filmemacher
Genre: Dokumentation, Schicksal
Regie: Wolfgang Ettlich
Kinostart: 30.09.99
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.