Wer nüscht wird, wird Wirt. Und wem keine künstlerische Karriere beschieden ist, der kann seine Leidenschaft immer noch an mittleren Bildungseinrichtungen pflegen. So hat es Jack Marcus, vor Jahren vielversprechendes Schriftstellertalent, als Englischlehrer an ein College verschlagen. Mit der Zeit geriet das akademische Viertel zum notorischen Zuspätkommen, wurde aus dem Einschlafdrink ein Alkoholproblem und aus dem Buhlen um die Entzündbarkeit der Schüler die Resignation vor ihrer Lethargie – gegen die nur noch ein Brandanschlag auf ihre W-Lan-Netze helfen könnte. Wäre Jack dazu nicht zu müde.
Läßt das Unterhaltungskino seine gebrochenen Helden wirklich an solch einem Nullpunkt zurück? Nicht im Fall des versierten Regiehaudegens Fred Schepisi, der noch aus jedem literarischen oder zeitpolitischen Brokat ein hautsympathisches Mikrofaser-Stöffchen zu weben vermochte, das sich dem Publikum – egal, ob gehobene Ansprüche oder niederer Amüsierinstinkt – geschmeidig ums Gemüt legte! Beschlagen in Timing und Dialogregie, grundsolide im Halten der atmosphärischen Töne, sind es aber doch immer Besetzungsideen, die seine Arbeiten aus dem Allerlei herausheben.
Juliette Binoche heißt das Pfund, mit dem Schepisi diesmal wuchert – jene Anmutsbombe, die sich nach Belieben aus dem französischen Arthouse-Kino löst, um im Mainstream einzuschlagen. Über die Filme und Regisseure hinweg avancierte sie zur europäischen Charme-Allzweckwaffe zwischen U und E, die – wie zu beweisen war – natürlich auch Screwball-Komödie kann: als ehemals gefeierte Malerin Dina Delsanto, die krankheitsbedingt von ihrem Thron in die amerikanische Schulprovinz absteigt, um sich mit Jack ein Duell um Worte und Bilder, letztendlich um die Liebe zu liefern.
Eine Stunde lang funktioniert das, bis Schepisi seine bis dahin angriffslustige, angenehm erwachsene Verliebungskomödie in den Modus von Lektion und Wiederholung schaltet. Mit dem unvermeidlichen Whitman-Zitat „O Captain, My Captain!“, den ausgedehnten Schulpodien und ausgemalten Diskussionsforen wanzt sich seine tragikomische Paraphrase des US-amerikanischen Bildungsmärchens so überdeutlich an den triefigen Genre-Boliden DER CLUB DER TOTEN DICHTER heran, das einem die Lust auf Zwischentöne vergeht. Damit macht Schepisi seinem Ruf alle Ehre, das Publikum dort abholen zu wollen, wo es ist. Aber muß es denn ausgerechnet an der Bushaltestelle sein?
Originaltitel: WORDS AND PICTURES
USA 2013, 111 min
FSK 0
Verleih: Senator
Genre: Tragikomödie, Liebe
Darsteller: Juliette Binoche, Clive Owen
Regie: Fred Schepisi
Kinostart: 22.05.14
[ Sylvia Görke ]