Noch keine Bewertung

Workers

Mensch-Maschinen oder: Was die Arbeit mit dem Leben macht

Rafael kniet im Blaumann auf dem Boden eines riesigen leeren Raumes. Weiße Wände und Neonlicht verbreiten Kühlschrankstimmung. Der alte Mann kratzt Kaugummi vom Linoleum, dann schiebt er seinen Putzwagen ins nächste Nichts. Es sind Bilder, die die Absurdität menschlichen Handelns auf die Spitze treiben.

Der Regisseur José Luis Valle hat mit WORKERS ein zweistündiges, bildgewaltiges Werk auf die Leinwand katapultiert, das den Menschen als Maschine markiert und ganz im Marxschen Sinne die Entfremdung von den eigenen Taten und der eigenen Persönlichkeit bebildert. Es ist harsche und eindeutige Kritik, die Valle an der Arbeitsgesellschaft verübt, und für die er in die mexikanische Unterschicht abtaucht. Seit 30 Jahren putzt Rafael in einer Glühbirnenfabrik, erledigt stoisch jeden Tag die gleichen Aufgaben. Weil er illegal ist, steht ihm noch nicht einmal die Rente, die Entlassung in die nächste Sinnlosigkeit zu. Auch Lidias Lebensinhalt besteht aus Putzen. Sie dient im Haus einer überaus wohlhabenden Dame und verhätschelt nicht nur deren Eitelkeiten, sondern auch die des mageren Hundes. Es ist schmerzhaft, mit anzusehen, wie sich die beiden in ihre Biographien fügen. Mit der Zeit stellt sich heraus, daß sie mehr verbindet als die bloße Monotonie des Alltags. Sie hatten eine gemeinsame Familie. Doch selbst als diese zerstört wird, finden sie keinen Weg aus der alltäglichen Einöde, aber auch nicht mehr zueinander.

WORKERS ist ein Kunstfilm. Die Figuren scheinen nicht aus Fleisch und Blut, man fühlt keine innere Zerrissenheit, vielmehr sind sie Symbole für eine gesellschaftliche Klasse, die weltweit die Räder am Laufen hält. Um deren Lebensgefühl zu beschreiben, stellt der Regisseur die Ästhetik über die Geschichte. Ungewöhnlich lange Einstellungen und meditative Bilder übersetzen die stille Ergebenheit, den Wahnsinn der ständigen Wiederholung und die Warterei, ohne Aussicht auf Alternativen. Der Film ist nicht nur durch seine Bildsprache, auch durch die inhaltliche Begrenzung radikal. Denn auch wenn klar wird, daß das jahrelange Dreckwegmachen anderer Leute das eigene Ich zerbröselt, verzichtet Valle darauf, von den Auswegmöglichkeiten zu erzählen, die Rafael und Lidia möglicherweise ungenutzt gelassen haben.

Am Ende beginnen sie sich zwar aufzulehnen, doch der Film bleibt eine Zustandsbeschreibung derer, die das ausführen müssen, was andere anordnen, so absurd es auch ist. Was dann von einem selbständigen Leben übrigbleibt, läßt sich an drei Fingern abzählen.

Originaltitel: WORKERS

Mexiko/D 2013, 122 min
FSK 6
Verleih: Bildkraft

Genre: Drama

Darsteller: Jesús Padilla, Susana Salazar

Regie: José Luis Valle

Kinostart: 12.12.13

[ Claudia Euen ]