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Wüstentänzer

Westliche Irananreicherung

Die stärksten iranischen Filme stammen natürlich von iranischen Regisseuren. Daß sie daheim in ihrer Arbeit schwer behindert, von der Moralpolizei gejagt, von der Kulturgewalt auf den Index gesetzt und oft nur im Ausland wahrgenommen werden, obwohl sie in den seltensten Fällen dorthin reisen dürfen, ist eine Tatsache. Tatsache ist aber auch, daß der Westen in einer oft seltsamen Mischung aus Engagement, Mitgefühl und pathetischer Hingabe versucht, auch im Falle von Iran von außen einen Blick nach innen zu wagen.

WÜSTENTÄNZER des Briten Paul Raymond ist ein solcher Versuch, dem man nur mit Gehässigkeit niedere Beweggründe nachsagen kann, der trotzdem kaum Zwingendes bewirkt. Das Ansinnen, gemäßigt zu unterhalten, ist zu vordergründig, latente Erklärungen von Zuständen, die sich in die Dialoge eingeschlichen haben, beeinträchtigen den freien Genuß des mündigen Betrachters. Doppelt schade, weil Körperbewegung hier nicht nur das zentrale künstlerische Ausdrucksmittel, sondern eine Metapher ist. Sie hätte WÜSTENTÄNZER ohne Mühe getragen.

Afshin Ghaffarian lebt jetzt in Paris. Er ist Vollblut-Tänzer mit einer Biographie, die sich im Spielfilm über ihn an entscheidenden Punkten wiederfindet: Seine Lust aufs Tanzen als Kind, die Impulse an der Saba Arts Academy durch einen wachen Lehrer, der dem jungen Mann Aufnahmen von Nurejew zeigt. Als Student in Teheran entdeckt Ghaffarian 2009 das Leben im Untergrund, Parties, YouTube und politischen Aktivismus. Er trifft nicht nur gleichgesinnte Kommilitonen, sondern auch das Mädchen Elaheh, das ebenfalls tanzt.

Hier findet WÜSTENTÄNZER eine Priorität, die den Film vordergründig „sehbar“ machen will und auf gängige liebesdramatische Muster setzt. Schwere Kindheit, Dämonen, Heroinsucht, Entzug – Afshin hat mit Elaheh bald mehr zu tun als mit sich selbst. Jetzt, wo nicht nur ein Polit-Reformer unterstützt werden will, sondern wo das iranische Verbot öffentlicher Tanzveranstaltungen ausgehebelt werden soll: durch einen geheimen Wüstentanz vor den Sandtoren Teherans, mit einem ausgewählten Publikum und als Statement und Offenbarung eigener Qualitäten gedacht.

Die Choreographien sind stark, aber als Mittel einer Wort-, keineswegs Sprachlosigkeit viel zu defensiv plaziert. Diese Zurückhaltung hätte man eher der drückend-dudelnden Filmmusik angedeihen lassen sollen. Aber auch das ist eine Ansage.

Originaltitel: DESERT DANCER

GB 2014, 104 min
FSK 12
Verleih: Senator

Genre: Drama

Darsteller: Reece Ritchie, Freida Pinto, Tom Cullen

Regie: Richard Raymond

Kinostart: 03.07.14

[ Andreas Körner ]