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Wuthering Heights

Moderne Lesart eines Klassikers

Emily Brontës Epos „Sturmhöhe“ um die verhängnisvolle Leidenschaft zwischen der unbändigen Catherine und ihrem Ziehbruder Heathcliff gehört zu den am meisten verfilmten Stoffen der Filmgeschichte. Die aktuelle Neuverfilmung von der britischen Regisseurin Andrea Arnold fügt eine neue Lesart hinzu. Arnold, die mit ihren Sozialdramen RED ROAD und FISH TANK bekannt wurde, setzt in der Romanadaption auf Realismus statt auf Historienkitsch.

Das Leben auf dem abgelegenen Hof der Earnshaws im Hochland von Yorkshire ist karg und entbehrungsreich. Eines Tages bringt der Vater ein Waisenkind mit nach Hause. Seine Kinder Hindley und Catherine sollen den Jungen, der Heathcliff genannt wird, fortan als ihren Bruder annehmen. Doch er bleibt ein Fremder und Ausgestoßener – nur Catherine fühlt sich zu ihm hingezogen. Um die soziale Isolation und Einsamkeit der Figur hervorzuheben, besetzt Arnold die Rolle erstmals mit einem dunkelhäutigen Darsteller.

Der erste Teil des Films beschreibt das erwachende Begehren zwischen den beiden Halbwüchsigen. Eine starke visuelle Sinnlichkeit durchzieht alle Szenen, entsprechend kommt der Film über weite Strecken fast ohne Worte und gänzlich ohne Musik aus. Die herausragende Kamera von Robbie Ryan macht die Materialität der Dinge förmlich spürbar: die Weichheit eines Schaffelles, die Nässe des knöcheltiefen Matsches, die wogende Unruhe des Grases, die Zartheit einer Vogelfeder. Nahaufnahmen von Details wechseln sich mit Totalen der weiten Landschaft ab. Die archaische Natur des York-shire-Hochlandes spielt die eigentliche Hauptrolle in WUTHERING HEIGHTS. Dramatische Lichtwechsel, sintflutartige Regenfälle, tosender Wind bestimmen die Szenerie. Catherine und Heathcliff, die von den Laiendarstellern Shannon Beer und Solomon Glave eindringlich verkörpert werden, verschmelzen mit dieser Landschaft.

Diese Symbiose endet, als der reiche Edgar Linton um Catherines Hand anhält. Heathcliff verschwindet daraufhin spurlos. Erst Jahre später kehrt er zurück, noch immer besessen von Catherine. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Arnold legt die zeitlose emotionale Wucht dieser Geschichte frei, ohne dabei ins Melodrama zu kippen. Ihre Interpretation ist eine poetische und bildgewaltige Reflexion über die Grausamkeit vergeblichen Sehnens und die animalische Natur des Menschen.

[ Dörthe Gromes ]