Originaltitel: ZAMA
Argentinien/Brasilien/Spanien/F/NL/Mexiko/Portugal/USA 2017, 115 min
FSK 12
Verleih: Grandfilm
Genre: Drama, Historie
Darsteller: Daniel Giménez Cacho, Lola Dueñas
Regie: Lucrecia Martel
Kinostart: 12.07.18
Jahrelang schon dient der Offizier Don Diego de Zama dem spanischen König in einem Provinzkaff irgendwo an der Küste Südamerikas im 18. Jahrhundert. Doch was heißt schon „dienen“? Seine Zeit vertut er mit abstrusen Verwaltungsakten, die an diesem Ort keinerlei Sinn ergeben, an die sich Zama jedoch sklavisch hält. Seine Zeit vergeht ohne erkennbaren Nutzen. Ob er nun einen Einheimischen foltern läßt, um von ihm angeblich wichtige Informationen zu erhalten, oder einer verarmten weißen Familie „40 zahme Indianer“ verspricht.
Ähnlich geht es auch den anderen Offiziellen der spanischen Krone, allesamt spielen sie miteinander eine Art absurdes Theater. Mit ihren Perücken, den heruntergekommenen Uniformen und den förmlichen Umgangsformen höfischen Ursprungs sind sie Fremdkörper in der tropischen Umgebung. Allerdings tödliche, die den Einheimischen in ihrer Gier nach Macht, Reichtum und Frauen Unheil und Verderben bringen.
Regisseurin Lucrecia Martel zeigt die Nachfahren der Conquistadores als Gestrandete, die weder mit sich selbst noch mit anderen etwas anzufangen wissen. Sie verhalten sich, als lebten sie mit geschlossenen Augen. Langeweile, Hitze und ein diffuses Gefühl der Bedrohung prägen das Leben dort. Geschichten von Überfällen und steinernen Kokosnüssen voller Edelsteine machen die Runde. Die unzugängliche Natur manifestiert sich im Film durch eine permanente Geräuschkulisse aus Zikadenzirpen, Vogelzwitschern und seltsamen Fauchtönen. Neben den Weißen leben die Indianer auf ihre althergebrachte Weise, sofern man sie läßt. Der passive Zama will zurück in die Zivilisation, zu seiner Frau und seinen Kindern, die ohne ihn groß werden. Doch seinem Versetzungswunsch wird und wird nicht stattgegeben. Aus Verzweiflung begibt er sich am Ende mit einem Haufen Hasardeure auf die Jagd nach dem legendären Piraten Vicuña Porto, um mit Ruhm und Reichtum bedeckt zurückzukommen.
Die flirrende Fiebrigkeit dieser finalen Himmelfahrtsmission erinnert an Werner Herzogs AGUIRRE, DER ZORN GOTTES. Lucrecia Martel gehört zu Argentiniens eigenwilligsten Filmemacherinnen. Ihre assoziative und ellipsenhafte Erzählweise, die durch ausgefeilte Bildkompositionen glänzt, fordert Offenheit vom Zuschauer. Doch je tiefer man in die Welt von ZAMA eintaucht, umso mehr begreift man etwas von der großen Tragödie der Kolonialisierung Lateinamerikas, die sich bis in unsere Tage auswirkt.
[ Dörthe Gromes ]