Originaltitel: ZERO
Ungarn/Tschechien/D 2014, 83 min
FSK 16
Verleih: 42film
Genre: Satire
Darsteller: Krisztian Kovacs, Martina Kratka, Udo Kier
Regie: Gyula Nemes
Kinostart: 21.06.18
Filme mit Beipackzetteln, Kunst mit Gebrauchsanweisung? Manchmal muß das wohl sein, damit man weiß, was man hat, und wohin man’s sortiert. Bevor es losgeht mit Gyula Nemes’ ZERO gibt’s ein Statement des Regisseurs zu lesen, der erst darüber informiert, daß er diesen Film so gefertigt habe, daß man ihn auf einer Kinoleinwand anschauen müsse, um dann hinzuzufügen: „Wenn Sie ihn auf einem Monitor anschauen, werden Sie ihn weder verstehen noch genießen können.“ Na ja, ob es wirklich daran lag?
Ein Bienenstock mit Bienchen, und manche davon reden miteinander. Sprechblasen ploppen auf. Niedlich. Ein Schatten senkt sich bedrohlich übers Gesumme. Er gehört einem prähistorischen Zottelaffen, offensichtlich ein Schleckermaul, denn der Kerl klaut Honig, um dann zu einer Polka-Variante des berühmten Anfangsmotivs aus Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ durch die Savanne zu flitzen. Lustig. Zudem freut sich der Filmkenner, also von wegen „Zitat“ erkannt. Eine kleine Kulturgeschichte der Imkerei und ein Honigbaumsucher in Burkina Faso folgen, dann ist das Intro vorbei, und man lernt einen heutigen Honigfabrikanten kennen, der genug hat von der industriellen, seelenlosen Honigfabrikation und dem bürgerlichen Leben sowieso. In ländlicher Idylle führt der Mann fortan ein idyllisches Imker-Dasein, zu dem die Tochter des Direktors einer Mobiltelefongesellschaft stößt. Es gibt erst Liebe und honigklebrigen Sex, dann Revolution, Widerstand, Terror. Des Imkers Bienen nämlich sterben – wegen eines Mobilfunkmastes inmitten der Natur.
Was man hat, und wohin man’s sortiert: ZERO ist engagierte Avantgarde. Ist Anarchie, nach den Dogmen des Anarchischen gefertigt. Ist irgendwie kritisch und konventionell experimentell. Fühlt dem Zeitgeist auf den faulen Zahn. Zeigt Anti-Kino für die Kinoleinwand. Auf die der Film freilich weniger aus ästhetischen Gründen soll (bourgeoiser Schnickschnack!), sondern weil das Benutzen von Monitoren Bienen tötet und das Establishment unterstützt.
Oder so ähnlich. Denn ob man das alles richtig verstanden hat, ist schon deshalb schwer zu sagen, weil die Vorab-Sichtung dieses Films eben nicht auf der Kinoleinwand, sondern nur per Stream auf Monitor möglich war. Ironie oder Defätismus? Wer bekommt hier von wem sein Fett weg? Und wie viele Bienchen mußten deshalb sterben? Und warum findet man Udo Kier trotzdem wieder schnieke?
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.