Mit dem, was der Sozialismus mit uns angerichtet hat, haben sich schon einige Autoren beschäftigt. Jana Hensel faßte vor elf Jahren die seelischen Befindlichkeiten der nachwachsenden Generation in ihrem Buch „Zonenkinder“ zusammen. Das wurde bejubelt und belächelt, obwohl es längst überfällig war, auch den Kindern der Diktatur Gehör zu verschaffen. Mittlerweile sind einige Werke zu dem Thema erschienen, filmisch sah es da eher dünn aus. Nun hat die Dokumentarfilmerin Sabine Michel ihre eigene Kindheit in der DDR und die ihrer vier Jugendfreundinnen Claudia, Veruscha, Vera und Claudi unter die Lupe genommen. Denn das, was die fünf verbindet, war ein doppelt harter Schlag: Nicht nur, daß sie gerade ihr Abi gemacht hatten und überlegen mußten, was aus ihnen werden könnte, plötzlich fiel auch noch die Mauer. Die Welt, in die sie hineingewachsen waren, verlor auf einmal ihre Existenzgrundlage. Alles war offen und neu.
Heute, knapp 25 Jahre später, besucht Sabine Michel gemeinsam mit ihren Freundinnen Paris, die Stadt, in die sie gemeinsam aufbrachen, und Dresden, den Ort ihrer Kindheit. Am Anfang plätschert der Film allerdings so vor sich hin. Die Regisseurin zeigt Fotos aus ihrer Kindheit, glücklich, mit ihren Eltern im sozialistischen Ausland. Dazwischen immer wieder die Frauen auf der Zugfahrt, reflektierend über ihre Jugend. Erst als sie endlich in Paris ankommen, verliert der Film seine Künstlichkeit, die Gespräche gewinnen an Tiefe, die einzelnen Geschichten bekommen ihr eigenes Gewicht. Da gibt es die frisch getrennte Lehrerin, die erfolgreiche Anwältin oder die vierfache Mutter. Wo aber sind die sozialistischen Überreste? Welche Spuren kann ein politisches System in einer persönlichen Biographie hinterlassen? Von dem vielbeschriebenen mangelnden Selbstbewußtsein der Ostdeutschen oder der Unfähigkeit, aus den plötzlich vielen Möglichkeiten zu wählen, ist nichts zu merken. Im Gegenteil. Alle fünf sind ins Ungewisse aufgebrochen, haben sich ausprobiert, sind gescheitert und haben weitergemacht. So wie junge Erwachsene eben ins Leben starten.
Schön ist, daß sich Sabine Michel nicht an den klassischen DDR-Klischees oder Bildern entlanghangelt, sondern an dem, was die Frauen bewegt. Und das ist tragisch und hoffnungsvoll und hat erst im zweiten Moment etwas mit Politik zu tun. Im ersten Moment ist ZONENMÄDCHEN ein Film über Freundschaft und das, was von den Träumen übrigbleibt, die man mit 18 hatte.
D 2013, 75 min
FSK 0
Verleih: mindjazz
Genre: Dokumentation
Regie: Sabine Michel
Kinostart: 14.11.13
[ Claudia Euen ]