Originaltitel: TILLSAMMANS
S/DK/I 2000, 106 min
Verleih: Concorde
Genre: Komödie, Schräg
Darsteller: Lisa Lindgren, Anja Lundqvist, Michael Nyqvist
Regie: Lukas Moodysson
Kinostart: 12.04.01
Da müssen nun Joschka, Jürgen und wie sie alle heißen im Parlament erklären, wer mit wem, warum und mit welchen Konsequenzen anno 1970 das Leben in der WG genoß, alte, längst angeschlagene Ikonen des Widerstandes gegen die Bourgeoisie werden aus dem historischen Danach noch einmal getreten, und Lukas Moodysson macht einen Film. Seine Kommune nennt sich programmatisch "Zusammen", und wie wörtlich oder metaphorisch das zu verstehen ist, spielt er in allen Facetten durch.
Am Anfang ist also alles gut: die Kinder spielen mit selbstgemachtem Holzspielzeug, Mahlzeiten sind fleischlos, Che lächelt von der Wand herab, Görans Freundin hat Sex mit Erik, nicht ohne ihn vorher zu informieren und danach detailliert zu berichten, und Anna verschafft einer unangenehmen Pilzinfektion frische Luft, indem sie unten ohne geht. Doch dann betritt Görans Schwester die Szene. Die dralle Hausfrau zieht mit den Kindern Sam und Emma ein, nachdem sie ihren Mann verlassen hat. Und sie staunt und staunt und staunt. Aha, Feminismus, ach so, Revolution - fremde Klänge aus einer anderen Welt. Doch ihre Kinder reagieren mit weit weniger Neugier. Sam findet alles uncool, vermißt Papa Rolf und besonders schmerzlich den geliebten Fernseher. Die schüchterne und kluge Brillenträgerin Emma zieht sich noch mehr in sich zurück, bis sie den netten pummeligen Jungen von gegenüber kennenlernt - Sehschwäche verbindet!
Es geht um politische Statements, ja, aber sie sind Figuren im Spiel. Wenn der kleine Tet, benannt nach der gleichnamigen Offensive, "Franco ist tot!" ausruft, wenn der WG-Ideologe für die Arbeiterklasse eintritt, aber nicht mit einem Schweißgerät hantieren kann, ohne sich zu verletzen, ist herzhaftes Lachen näher als die geballte Faust. Diese Helden sind nicht im Straßenkampf gefordert, sondern man schickt ihnen die bösartigen Auswüchse des hemmungslosen Konsums auf den Hals - Sam kriegt seinen Fernseher, Tet bekommt Kriegspielzeug und für alle gibts Würstchen.
Doch bei allem Spott - diese Leute muß man lieben. Vor allem weil Moodyssons Kamerablick in die gute Stube - spröde und zittrig, wie es seit einiger Zeit liebgewordene Gewohnheit der europäischen Nordlichter ist - nicht bei den Lächerlichkeiten endet, sondern weiter in den Garten gleitet, zum Happy End mit Fußballspiel und endlich auch mit Papa Rolf. Und schließlich kann man hier selbst aus den Weisen von ABBA - sparsam aber gezielt eingesetzt - etwas Frisches heraus hören.
[ Sylvia Görke ]