Originaltitel: ONE DAY
USA 2011, 107 min
FSK 12
Verleih: Tobis
Genre: Liebe, Drama, Literaturverfilmung
Darsteller: Anne Hathaway, Jim Sturgess, Patricia Clarkson, Ken Stott
Regie: Lone Scherfig
Kinostart: 03.11.11
Nach zu viel Alkoholgenuß kann so einiges passieren, zum Beispiel landet man ganz zufällig mit einem Quasi-Fremden im Bett. So wie Emma (intellektuell, ziemlich graumäusig) und Dexter (großmäulig, umschwärmt). Doch statt Sex gibt es bloß Gespräche – gut, und ein bißchen Kuscheln. Der Beginn einer tiefen Freundschaft, wer hätte es vermutet. Selbige steht zukünftig im Zentrum der Geschichte, welche jetzt über 20 lange Jahre beobachtet, was am Kennenlerntag, dem 15. Juli, gerade so passiert, wohin sich diese zwei Leben entwickeln. Getrennt voneinander, aber auch gemeinsam ...
Nun stimmen wir nicht in den ziemlich albernen Chor ein, welcher schon aus Prinzip bei jeder Literaturverfilmung losschreit: „Das Buch ist viel besser!“ Doch in diesem Fall, das muß gesagt sein, stimmt es bedauerlicherweise. Wo sich der Roman nämlich alle Zeit nahm, die Jahre miteinander zu verbinden und seinen Figuren Raum zu geben, leidet jene Adaption unter einer im Vergleich zu mageren Lauflänge von 107 Minuten. Man sollte sich also mit dem Kennenlernen des Personals etwas beeilen, denn bereits kurz darauf sind eben frisch aufgetauchte Personen nach Kurzcharakterisierung wahrscheinlich krank, tot, nicht länger von emotionaler Bedeutung oder sonstwie ausgeschieden, weswegen selbst die dennoch wie gewohnt Akzente setzende Patricia Clarkson nur geschätzte vier Kleinauftritte absolvieren darf, was definitiv für Befremdung sorgt.
Bei vorlagenunabhängiger Betrachtung fällt allerdings einiges positiv auf: wie elegant sich der Film darum bemüht, bekannte Stereotypen zu vermeiden beziehungsweise sie zu hinterfragen, mal abgesehen vom gnadenlos auf die Tränendrüse drückenden Epilog. Oder offensichtliches Bestreben, optisch sowie akustisch manches zu bieten, unter anderem ansprechende Visualisierungen dessen, in welcher Zeit wir uns momentan befinden – inklusive nostalgisch-passender Songs. Selbst die oft bis zur Ermüdung beschworene „Chemie zwischen den Protagonisten“ stimmt ohne sichtbare Bemühungen. Letztlich hätte hier ein wirklich großer Vertreter seines Genres entstehen können, würde das Skript nicht so sehr zur erzählerischen Eile neigen.
Einigen wir uns im Fazit also auf folgenden Plan: zuerst ins Kino gehen und sich angenehm unterhalten lassen. Dann zum Buch greifen, sämtliche sozialen Kontakte temporär vernachlässigen und das volle Erlebnis genießen. Okay?!
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...