In den knapp 25 Jahren nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung wurde viel über das Unrecht und das Leben in der ehemaligen DDR erzählt. Da waren geläuterte Stasioffiziere, die ihr Seelenheil wiederherstellen wollten, oder ganz normale hedonistische Jugendliche, die mit dem System kollidierten. Trotzdem ist die Aufarbeitung der DDR-Diktatur längst nicht beendet. Vielleicht, weil die persönliche Schuld ein Weiterleben unerträglich machen würde. Vielleicht aber auch, weil durch die Verstrickung eines Menschenlebens in eine gesellschaftliche Utopie die Grenze zwischen Opfer und Täter nicht immer deutlich gezogen werden kann.
Genau darum geht es in ZWEI LEBEN: Katrine lebt glücklich mit ihrer Familie in Norwegen. Als ein junger Anwalt beginnt, in Katrines Vergangenheit herumzustochern, wird klar, daß da irgend etwas nicht stimmt. Juliane Köhler spielt die Katrine überzeugend, ihre inneren Kämpfe machen einen zuweilen wahnsinnig. Denn sehr, sehr langsam und mit dramaturgischem Feingefühl holt der Regisseur Georg Maas ihre Geschichte ans Licht. Dabei geht es um Nachkriegsverbrechen, die an sich schon Stoff genug für einen eigenen Film geboten hätten.
Maas aber verwebt sie mit der Lebensrealität jenes Landes, das selbst die Privatsphäre seiner Bewohner zum Politikum gemacht hat. Es ist schmerzhaft, mit anzusehen, wie sich Menschen im Auftrag eines politischen Systems anmaßen, in andere Menschenleben einzudringen, ohne an die persönlichen Folgen zu denken. Aber nicht nur deshalb ist der Film ein wichtiges Zeitdokument. Interessant ist auch, wie sich die Tentakel der DDR-Diktatur bis heute ausbreiten.
Der Film ist hochkarätig besetzt. Neben Ursula Werner und Thomas Lawinky in den Nebenrollen brilliert Liv Ullmann als die Frau, die um ihr Glück betrogen wurde. Sie hat genauso wie Juliane Köhler am Drehbuch mitgeschrieben. Nur die Frage, warum Katrine selbst nach der Wende ihr Geheimnis nicht mit denen teilt, die sie am meisten liebt, wird bis zum Schluß nicht beantwortet werden. „Wie hast Du das bloß die ganzen Jahre ausgehalten?“, fragt Katrines Mann. Vielleicht kann nur Unverständnis bleiben, wenn sich gesellschaftliche Schuld mit der persönlichen so eng verwebt, daß beide nicht mehr voneinander zu trennen sind.
D/Norwegen 2012, 100 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm
Genre: Drama
Darsteller: Juliane Köhler, Liv Ullmann, Ken Duken, Thomas Lawinky, Ursula Werner
Regie: Georg Maas
Kinostart: 19.09.13
[ Claudia Euen ]