CH 2018, 128 min
FSK 12
Verleih: W-Film
Genre: Historie, Drama, Biographie
Darsteller: Max Simonischek, Anatole Taubman, Sarah Sophia Meyer
Regie: Stefan Haupt
Kinostart: 31.10.19
Nachdem es vor zwei Jahren in Mitteldeutschland kein Entrinnen vor Martin Luther gab, dessen Thesenanschlag sich zum 500. Mal jährte, steht nun ein anderer Kirchenreformator auf dem Kinoprogramm. Der Schweizer Ulrich Zwingli (1484–1531) ist neben Heinrich Bullinger und Johannes Calvin einer der Gründerväter der reformierten Kirche in der Schweiz.
Nun wird ihm also ein großer Historienfilm gewidmet. Er setzt 1519 ein, als der damals noch weitgehend unbekannte Zwingli als Leutpriester ans Großmünster in Zürich berufen wird. Dort sorgt er mit seiner unorthodoxen Art und seiner radikalen Kritik an den Mißständen der Kirche schnell für Aufsehen. Zwingli predigt auf Deutsch und reduziert den Gottesdienst auf die reine Bibelauslegung. Außerdem fordert er die Abschaffung des Zölibats und heiratet auch gleich die Witwe Anna Reinhart, mit der er schon zuvor in wilder Ehe zusammengelebt hatte. Wohl die meisten Feinde macht er sich aber mit seiner Idee, das Kircheneigentum zu verstaatlichen und das dadurch gewonnene Geld in Armenfürsorge und Bildung zu investieren. All diese Aktivitäten und Forderungen rufen natürlich den erbitterten Widerstand der Kirchenoberen hervor. Der leutselige Zwingli laviert geschickt zwischen gefährlichen Fronten: seinen unerbittlichen Gegnern, dem ihm im Prinzip wohlgesonnenen Rat der Stadt Zürich und politisch unklugen Bilderstürmern aus seinen eigenen Reihen.
ZWINGLI arbeitet all die komplexen Verwicklungen zwischen Kirche, Politik und privatem Dasein geradezu lehrbuchmäßig heraus. Der in ruhigen Einstellungen und farbentsättigten Bildern erzählte Film legt große Sorgfalt auf eine historisch stimmige Ausstattung, ohne dabei in Opulenz zu verfallen. Das Dasein der meisten Menschen war damals eher karg.
Die Schauspieler geben ihr Bestes, vor allem Max Simonischek als Zwingli trägt seine eigenwillige Kopfbedeckung mit Würde. Trotzdem lassen einen ihre Charaktere seltsam unberührt. Sie haben etwas von Schachfiguren, die auf einem historischen Spielfeld hin- und herbewegt werden. Mit seiner biederen und vorhersehbaren Inszenierung folgt Regisseur Stefan Haupt ganz den bewährten Konventionen des Historiengenres. Das Publikum soll was lernen – und das tut es zweifellos auch. Als Einführung in die Schweizer Reformationsgeschichte eignet sich ZWINGLI hervorragend. Leider hat sich die Nüchternheit der reformierten Kirche jedoch auch in diesen Film geschlichen.
[ Dörthe Gromes ]