Label: Silva Screen
Die Wege zur Filmmusik sind unergründlich. Hätte Michael Nyman im Jahr 2004 einen Kompositionsauftrag nicht ausgeschlagen und diesen an seine Tochter weitergereicht, und hätte Molly Nyman damals nicht zufällig Harry Escott getroffen und ihn um kompositorischen Beistand gebeten, wer weiß, Harry Escott wäre vielleicht niemals Filmkomponist geworden. Doch es kam genau so, und das neu gefundene Duo debütierte mit seinem eindringlichen Score zu HARD CANDY. Zehn Filme vertonten die beiden anschließend gemeinsam, seit 2010 arbeitet Escott allein. So auch für Michael Winterbottoms DIE AUGEN DES ENGELS.
Der Schatten des Meisters ist groß. Mychael Nymans Aura ist zutiefst spürbar in Escotts Musik. Auch er bedient sich der Kompositionstechnik repetierender Pattern, allerdings in weniger klarer Diktion als die Konzertminimalisten. Vielmehr dehnt er seine Musik zum streicherdominierten Epitaph. Über jedem Titel liegt eine untrügliche Schwere. Ein Konsensus, der aber nicht darüber hinwegtäuscht, wie verstolpert und uneinheitlich DIE AUGEN DES ENGELS wirkt. Zwar brechen vereinzelt gespenstisch schöne Elegien für Violinen und Altus hervor, oder bezaubern die schüchtern pulsierenden „Fragments“ und „Café Eduardo“ als wunderbare Beispiele für episodisches Komponieren, doch der große Bogen bleibt unfaßbar.
[ Philipp J. Neumann ] Philipp fühlt sich inspiriert von CLUB DER TOTEN DICHTER, hat gelernt aus DAS SIEBENTE SIEGEL, ist gerührt von MAGNOLIA, hat sich wiedergefunden in THE SWEET HEREAFTER, wurde beinahe irr durch FARGO, ist für immer vernarrt in PONETTE und war schlicht plattgedrückt von DER HERR DER RINGE.