Label: Sony Classical
John Williams hat sich rar gemacht. In den letzten sieben Jahren vertonte er lediglich vier Filme: INDIANA JONES 4, TIM UND STRUPPI, GEFÄHRTEN und nun LINCOLN – ausnahmslos Filme seines langjährigen Freundes Steven Spielberg. Es ist die Altersbeschränkung eines der wichtigsten noch lebenden Filmkomponisten. Umso bedauerlicher, daß die Zeit der großen Überraschungen (A.I., MINORITY REPORT, HARRY POTTER UND DER GEFANGENE VON ASKABAN) endgültig vorüber zu sein scheint. Bereits bei GEFÄHRTEN war John Williams im risikofreien Modus: satte, sich auffächernde orchestrale Americana. Perfekt gesetzt, makellos – aber auch ein wenig schal. LINCOLN ist da nicht anders. Schnurgerade, mit fast ehrfürchtiger Zurückhaltung manövriert der Komponist sein Instrumentarium durch herkömmliche Fahrwasser. Zugegeben, die Meßlatte mußte für John Williams seit jeher weit nach oben korrigiert werden. Sein eigenes Œuvre diktierte den hohen Anspruch.
Und an diesem gemessen enttäuscht LINCOLN. Zu deutlich schwingen thematisch verwandte Scores (DER SOLDAT JAMES RYAN, DER PATRIOT) in Struktur und Ausgestaltung der Motive mit, zu ausschließlich zirkelt Williams um die Ehrbarkeit und Exzellenz des Protagonisten, zu wenig wagt er dessen Abgründe und Zweifel musikalisch auszuloten. Das beschränkt LINCOLN auf ein patriotisches Poem. Natürlich perfekt gesetzt, makellos – aber auch ein wenig schal.
[ Philipp J. Neumann ] Philipp fühlt sich inspiriert von CLUB DER TOTEN DICHTER, hat gelernt aus DAS SIEBENTE SIEGEL, ist gerührt von MAGNOLIA, hat sich wiedergefunden in THE SWEET HEREAFTER, wurde beinahe irr durch FARGO, ist für immer vernarrt in PONETTE und war schlicht plattgedrückt von DER HERR DER RINGE.