Originaltitel: BABYGIRL
USA 2024, 116 min
FSK 16
Verleih: Constantin
Genre: Drama, Erotik
Darsteller: Nicole Kidman, Harris Dickinson, Antonio Banderas
Regie: Halina Reijn
Kinostart: 30.01.25
Nicole Kidman mangelte es in den vergangenen Jahren zwar nicht an Leinwandauftritten, doch die ganz große, überzeugende Rolle, ein Drehbuch, das sie voll und ganz ins Zentrum rückt, das sich eng um ihr schauspielerisches Talent entfaltet – das war zuletzt eher selten zu finden. Es blitzte vielleicht in einem Film wie DESTROYER auf, das den Hollywood-Star unter allerlei Make-up in ein gepeinigtes Wrack verwandelte. Doch man wurde den Eindruck nicht los, daß die meisten Kreativen Kidman in der jüngsten Vergangenheit eher als bloße Präsenz, als Zierde und Verkaufsargument von Glamour benutzten, selbst in grobschlächtigen Streifen wie Robert Eggers’ Wikinger-Gemetzel THE NORTHMAN oder den AQUAMAN-Filmen aus der Superhelden-Ramschkiste.
BABYGIRL nun ist endlich wieder ein Werk, in dem man sehen kann, warum Kidman zu den größten, vielleicht zu den letzten generationenübergreifenden Filmstars überhaupt gehört. Ihre spielerische Bandbreite ist beachtlich in diesem Film, und gleich die ersten Szenen machen deutlich, wie sehr sich Kidman ohne Scham und Scheu in ihre Rolle stürzt. Mit ihrem Leinwand-Ehemann Antonio Banderas vergnügt sie sich stöhnend im Bett – ein vorgetäuschter Orgasmus. Kurz darauf wird sie in ein anderes Zimmer schleichen, einen Porno im Internet suchen und sich auf dem Boden zum Höhepunkt masturbieren. In der Wohlstandsblase von BABYGIRL – er ist Theaterregisseur, sie steht an der Spitze eines KI- und Roboterunternehmens – hat sich Frustration eingeschlichen. Nicht, daß es ihr an Sex mangelt, aber da wabern unausgesprochene, ungelebte Phantasien im Raum. In einer herausragenden Szene traut sich Romy, so heißt Kidmans Figur, eines dieser Gelüste ihrem Mann vorzutragen. Das sind Bilder, in denen die Schauspielerin in ein Gespenst verwandelt wird, der Kopf verhüllt vom Laken – als kinky Spiel, aber ebenso als Ausdruck der Scham, die das Familien-idyll inzwischen in sich trägt. Also tritt dieser geheimnisvolle, schamlose junge Hüpfer in Erscheinung, ein Praktikant in Romys Firma, gespielt von Harris Dickinson, um die Geschäftsfrau und zweifache Mutter zu verführen und die Lust mit einem Hang zum Sadomaso zu entfesseln.
Die Autorenfilmerin Halina Reijn hat dabei keineswegs nur einen Trittbrettfahrer verhuschter SM-Romanzen a la FIFTY SHADES OF GREY gedreht, sondern bringt hier eine komplexe Erkundung von Erotik in einem sterilen, liberalen, aber insgeheim doch verklemmten Busineß-Zeitalter auf die Leinwand. Insofern ist BABYGIRL ebenso eine Bestandsaufnahme des prüden Hollywoods, das sich den Sex in seinem populären Franchisekino zuletzt fast vollständig ausgetrieben hat und den Leute wie Reijn nun mühsam versuchen zurückzuholen. Nicht, daß BABYGIRL allzu transgressiv oder explizit wäre, aber er scheut sich nicht, Sexualität auszuhalten und all die Unsicherheiten, das Ausreizen und Abstecken von Grenzen zum Thema zu erheben.
Anders als FIFTY SHADES OF GREY etwa, wo die sexuelle Unterwerfung zum sozialen Aufstieg in den Luxus romantisiert wird, tastet sich BABYGIRL an die komplizierten Unter- und Überordnungen in der Hierarchie des Kapitals und der Berufsrollen heran. Und wenngleich dieses Drama allzu bemüht ist, moralische Schadensbegrenzung zu betreiben, statt sich zu trauen, eine Erschütterung wirken zu lassen, wird sein Rütteln an den Werten, Gesten und Verantwortungen des Einzelnen in grandioses Schauspiel übersetzt.
Gerade Kidman ist es, die auf selbstreflexive, selbstironische Weise dabei zusehen läßt, wie sie das Image der Erfolgsfrau in all der gezähmten Affektkultur konstruiert, auch mit Beauty-Produkten und Spritzen, um es hinterher in der Ekstase wieder einzureißen. Auch hier darf sie glänzen, wenn sie mit Tonalitäten und Facetten spielt, wenn BABYGIRL humoristische Spitzen einbaut, die etwa das Kampeln zweier Alphamännlein mit einem plötzlichen Schnitt durchkreuzen: Der mißverstandenen, genervten Umkämpften bleibt es nur, die Kühlakkus herbeizuschleppen.
[ Janick Nolting ]
Cineplex: Emotions Preview 20:00
Cinestar: CineLady Preview 19:45
Cineplex: 17:15, 19:45 (Im Original | OF), 20:00
Passage Kinos: Im Original | OmU 18:15, 20:45 (Im Original | OmU)
Regina Palast: 17:15, 20:00
Cineplex: 17:15, 20:15
Passage Kinos: 18:15, 20:45
Regina Palast: 17:15, 20:00
Cineplex: 17:45, 20:30, 22:30
Passage Kinos: 18:15, 20:45
Regina Palast: 17:15, 20:00
Cineplex: 17:15, 20:15
Passage Kinos: Im Original | OmU 12:15, 20:45 (Im Original | OmU)
Regina Palast: 17:15, 20:00
Cineplex: 17:15, 20:15
Passage Kinos: Im Original | OmU 18:15, 20:45 (Im Original | OmU)
Regina Palast: Im Original | OF 17:15, 20:00 (Im Original | OF)
Cineplex: 17:15, 20:15
Passage Kinos: 18:15, 20:45
Regina Palast: 17:15, 20:00
Cineplex: 17:15, 20:15
Passage Kinos: Im Original | OmU 18:15, 20:45 (Im Original | OmU)
Regina Palast: 17:15, 20:00
Alle Angaben ohne Gewähr!