Originaltitel: MARIA

USA/D/I 2024, 124 min
Verleih: StudioCanal

Genre: Drama, Biographie

Darsteller: Angelina Jolie, Pierfrancesco Favino, Alba Rohrwacher

Regie: Pablo Larraín

Kinostart: 06.02.25

Maria

Requiem für die Callas

Die Leiche ist ein Fakt, und selbst ihm ist nicht zu trauen. Wenn Maria Callas, die große Opern-Diva, zu Beginn des Films tot in ihrer Wohnung liegt, führt der Transport ihrer Leiche in die Irrungen der filmischen Montage. Grobkörnige Analogbilder wühlen in der Vergangenheit, während die Callas in Großaufnahme zur Arie ansetzt. Das Ave Maria; Verdis „Otello.“

Schon diese ersten Minuten sind ein bewegendes, doppelbödiges Requiem, das in der Verbrennung alter Kostüme durch die Künstlerin selbst gipfelt. Man vergißt, daß man dort nicht die echte Callas, sondern Angelina Jolie sieht, und schon ist man in den Fängen des Regisseurs Pablo Larraín. Simuliertes Archivmaterial verschmilzt mit der Fiktion, vermeintliche Authentizität mit der künstlerischen Interpretation, und am Ende ist und bleibt alles die große, umso wahrhaftigere Illusion. Larraín spitzt in MARIA sein Spiel mit den Konventionen des Biopic-Kinos zu und führt es auf einen Höhepunkt. Biopics, die das Leben von Stars in altbackene Narrative einhegen und glauben, ganze Biographien im Schnelldurchlauf abgrasen zu müssen, setzt er die Lust am Fabulieren, Fragmentieren und Verdichten entgegen.

Nach seinen Filmen über JACKIE Kennedy und Prinzessin Diana SPENCER zeigt er nun die letzten Tage im Leben der Callas als psychologischen Kippzustand, in dem der Wahnsinn freudig umarmt wird. Jolie verkörpert die Sängerin grandios als Figur, die ihren Status mit betonten Allüren zu nutzen und bespielen weiß und doch ihren verglühten Glanzzeiten nachtrauert. Die Stimme versagt, Tabletten trüben die Sinne. Selbst ein Reporter-Interview, das diesen umwerfend schön bebilderten und zwischen den Zeiten springenden Film strukturiert, ist womöglich ein Hirngespinst. So wie vieles in diesem unzuverlässigen Abgesang einer öffentlichen Persona, die mit jedem Auftritt ein hinreißendes Plädoyer für die Künstlichkeit, die Kunst und gegen den Authentizitätsfetisch formuliert. Alles ist Theater, alles große Oper, auch ein Gang durch Pariser Straßen.

MARIA ist kein Gucken durch das Schlüsselloch, keine Boulevardgeschichte, sondern ein Trugbild, das die Neugier spätestens dann bricht und vorführt, wenn von der Sterbenden nur eine gestaltlose, unsichtbare Stimme hinter Mauern bleibt. Die Ikone: verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit.

[ Janick Nolting ]

Maria ab heute im Kino in Leipzig

  • So 02.02.2025

    Passage Kinos: Preview 16:00

    Alle Angaben ohne Gewähr!