29. Französische Filmtage

20.11.–27.11.2024

Passage

www.franzoesische-filmtage.de

Herzblut und Herzlichkeit

Ein Blick auf die 29. Französischen Filmtage

Als das Team der Französischen Filmtage zur Pressekonferenz bittet, ist die Begrüßung herzlich und freundschaftlich, kein offizieller Termin, sondern ein Treffen langjähriger Weggefährten. Kurz vor dem 30. zudem, auf das schon jetzt mit verständlichem Stolz und reifenden Ideen geschaut wird. In der aktuellen Ausgabe bleibt’s vorerst bei Bewährtem; warum auch nicht, das Konzept trägt und garantiert Qualität.

Unverändert wendet sich das Programm bewußt vom fluffigen Popcornkino ab, um „die ganze Bandbreite des französischen Films und seiner Themen wiederzugeben“, wie Kristin Klemann, Theaterleiterin der Passage Kinos, konstatiert. Dies zu tun, treten 18 Premieren verschiedenster Genres an: Zur Eröffnung beleuchtet DIE WÜTENDEN-Regisseur Ladj Ly in DIE UNERWÜNSCHTEN erneut hochbrisante gesellschaftliche Konflikte. DAS IMPERIUM bewegt sich hingegen auf Sci-Fi-Bahnen, kreist um eine monströse Geburt. Der blutige Spaß THE BALCONETTES erklimmt dann schwarzhumorige Höhen, während HUNDSCHULDIG gar nicht so süß daherkommt, wie es der schnuffige Protagonist (ein dem Einschläferungstod entgegensehender Hund) vermuten läßt. ES LIEGT AN DIR, CHÉRI überrascht derweil durch Gefühlsspitzen, die man einer romantischen Komödie kaum zutrauen würde.

Außer Frage stehen sollte indes, daß DER ZWEITE AKT, Cannes-Eröffner von Quentin Dupieux, irgendwie schräg ausfällt, für mimische Klasse bürgen dabei Léa Seydoux und Vincent Lindon. Dupieux erhält wohl endgültig die verdiente Wahrnehmung, Starpower inklusive. An selbiger fehlt es dem Festival gleichfalls nicht, es versammelt Prominenz wie Catherine Frot (im queeren Cannes-Hit MISERICORDIA über verheimlichte Lust und alte Wunden), Alexandra Lamy (als unangepaßte Lehrerin LOUISE VIOLET, Ende des 19. Jahrhunderts), Benjamin Lavernhe (welcher in DIE LEISEN UND DIE GROSSEN TÖNE nach seinem Bruder sucht) oder Adèle Exarchopoulos (deren volle Schauspielkunst gefragt ist, um im Liebesreigen BEATING HEARTS gegen Gewaltausbrüche und Musicaleinlagen zu bestehen).

Dessen natürlich noch nicht genug, widmet sich eine Werkschau Regisseurin Mia Hansen-Løve und bringt eine Retrospektive ausgewählte Werke Éric Rohmers auf die Leinwand zurück. Hannah Süss, verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, verrät: „Für mich ist der Name Rohmer mit Sommer verbunden“ – folgerichtig läuft neben seinem größten Erfolg MEINE NACHT BEI MAUD unter anderem eben SOMMER aus dem Jahreszeiten-Zyklus des legendären Filmmagiers. Weiteres zu Reihen geformtes, tolles Repertoire komplettiert neben Kinderkino und Cinéfête das gewohnt pralle Paket.

Fast 30 Jahre am Ball und nimmermüde: Auch das zeichnete die eingangs beschriebene Stimmung aus, an Hingabe und Herzblut mangelt es den Machern kein bißchen. Wir freuen uns aufs Jubiläum!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...